Anmerkung der Homepage Redaktion: Bei dem Angeklagten hadelt es sich um das ehmalige AfD Mitglied Lennard Rudolph!
Göttinger Tageblatt, 18.11.2013
Die 1227,72 Euro haben sich nicht gelohnt. Der junge Angeklagte hat keine Erinnerung, was der Nachtclub Tiffany dafür geleistet hat – sagt er jedenfalls. Die Jugendrichter glauben ihm das allerdings nicht. Die krumme Summe gibt zwar Rätsel auf – was kostet in einem Bordell 72 Cent? –, die Gesamtrechnung dürfte aber wohl neben zwei Flaschen „Champagner“ auch bordelltypische Leistungen enthalten – nimmt das Gericht jedenfalls an.
Göttingen. Vor dem Jugendschöffengericht gelandet ist der „Gaststättenbesuch“, wie der Angeklagte sagt, weil mit der Kreditkarte des Chefs gezahlt wurde. Auf Betrug und Urkundenfälschung lautet folglich die Anklage. Die richtet sich eigentlich gegen zwei junge Männer, zur Tatzeit 18 und 19 Jahre alt.
Binnen weniger Stunden haben sie in der Nacht zum 2. Dezember 2012 in Basel „Dienstleistungen für 1227,72 Euro in Anspruch genommen“, heißt es in der Anklageschrift.
Vor den Richtern freilich sitzt nur einer der Heranwachsenden. Der andere hat sich am Vorabend des Prozesses in ein psychiatrisches Krankenhaus einweisen lassen – ein Nervenzusammenbruch. Richter Stefan Scherrer vermutet einen konkreten Grund: Erst im Vorjahr hatte er den nun abgetauchten Angeklagten zu eineinhalb Jahren Jugendstrafe wegen diverser Internetbetrügereien verurteilt. Die großzügig gewährte Bewährung hat der inzwischen 20-Jährige nicht genutzt, seine Auflagen allesamt nicht erfüllt. Deshalb wurde die Bewährung rechtskräftig widerrufen.
Weitere Ermittlungen laufen
Eigentlich sollte er am Tag der Verhandlung im Jugendgefängnis in Hameln einrücken. Weil der zwischenzeitlich politisch aktive junge Mann außerdem auch in die Kasse der Alternative für Deutschland (AfD) gegriffen haben soll, laufen es weitere Ermittlungen gegen ihn.
Nun also nur Verhandlung gegen seinen Kumpel. Der 19-jährige Berufsschüler ist geständig. Von seinem Chef, sagt er, seien er und der Kumpel eingeladen worden, zu einer Messe mitzufahren. Im Hotel in Lörrach habe man noch getrunken. Der Chef, 27 und inzwischen so etwas wie das väterliche Vorbild des Angeklagten („Ich habe ihn nach der Tat als Schützling angenommen.“), stieg aus dem Gelage schnell aus.
Nach vier, fünf Drinks, sagt er, sei er so fertig wie nie gewesen. Er ist überzeugt, dass der andere Angeklagte ihm etwas in die Drinks gemischt haben müsse.
Die jungen Leute hatten danach noch was vor. Der Kumpel, sagt der Angeklagte, habe beteuert, er werde schon zahlen. Da habe er nicht weiter gefragt. Gezahlt hat er dann auch – mit der Kreditkarte des Chefs. Die müsse der aus dessen Jacke an sich gebracht haben. Dann sei man per Taxi nach Basel gefahren.
Mit fortschreitender Verhandlung realitätsbezogener
Die Stadt, so der 19-Jährige, sei „nicht wirklich die nachtaktivste“, was dessen Verteidiger später „aus eigenem Erleben“ bestätigt. Sie fanden schließlich „die Gaststätte Tiffany“, die der Angeklagte mit fortschreitender Verhandlung zunehmend realitätsbezogener auch bald als „Etablissement“, „Bordell“ und schließlich als „Puff“ bezeichnet.
Dort müsse am Ende wohl mit der Karte und falscher Unterschrift bezahlt worden sein.
Gemerkt hat das der Karteninhaber bei der nächsten Abrechnung, über die nicht nur er rätselte, auch seine Freundin. „Wo bist du gewesen?“, habe die ihn gefragt. Ob er noch mit ihr zusammen sei, fragt daraufhin besorgt der Richter. Ja, er habe ihr erklären können, dass seine Mitreisenden, von denen er heute wisse, dass sie „nicht ganz sauber“ seien, „einen Damenbesuch getätigt“ hätten.
„Jugendlichen Leichtsinn“
Der Chef sieht die Sache noch heute als „jugendlichen Leichtsinn“ an. Er erstattete zwar Anzeige, bat dann aber die Mütter der Jungs zum Gespräch. Die sagten zu, das Geld für die Söhne abzustottern, was ihnen diese wiederum in Raten zu 50 Euro monatlich zurückzahlen sollen.
Und das klappt, stellte der Jugendgerichtshelfer fest. Überhaupt konnte der Angeklagten, nachdem er sich vom Kumpel losgesagt und sich dem Chef als neuem männlichen Vorbild zugewandt hatte, eine erstaunlich solide Entwicklung machen. Einzig ein kleiner Ausrutscher, als er bei einer polizeilichen Überprüfung betrunken Widerstand geleistet hatte und sich dabei ein Polizist verletzte, stehe noch zu Buche.
Dieser Fall wird gleich mit abgeurteilt. Das Gericht erkennt auf 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit und außerdem zwei Wochenenden Freizeitarrest, damit er die Konsequenzen auch einmal am eigenen Leibe erfährt, meinten die Richter. Der 19-Jährige nahm das Urteil hoch erfreut an.